Susanne Bredehöft - kultur Nr. 8 - 6/2004

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Susanne Bredehöft
Ariels tragische Mutter, grüne Absinthfee - und mit Helge Schneider im Kino

Pechschwarze Haare, unglaublich strahlende, helle Augen und eine Energie, die sich sofort überträgt - Susanne Bredehöft kann die zerbrechliche und gleichzeitig triumphierende große Dame spielen und ganz unvermittelt wie ein frecher Kobold wirken. Nach fünf Jahren als freie Schauspielerin hat sie sich seit Beginn dieser Spielzeit wieder fest an ein Stadttheater-Ensemble gebunden, von dem sie viele Mitglieder aber schon aus Oberhausen kannte, wo sie eine Zeit lang engagiert war und in sehr erfolgreichen Inszenierungen mitgewirkt hat. In Bonn hat sie gleich zu Anfang eine Menge schwierige Rollen übernommen: die Generalsgattin in „Splendour", die Mutter in „Ariel" („Diese psychische und physische Entblößung mit den vielen archaischen Elementen war eine totale Herausforderung.") und die seltsame einsame Russin in der Revue „Call my Number". Sie wusste übrigens genau, was sie sang, denn Russisch hat sie spontan gelernt und in Sprachkursen ausgebaut, nachdem sie in St. Petersburg an einem Film mitgewirkt hat über die jugendlichen „Edelweißpiraten", die 1944 in Köln gegen das Nazi-Regime opponierten. Für die gebürtige Kölnerin war es ein besonderes Erlebnis, in einem fremden Land an der Geschichte der eigenen Heimat zu arbeiten. „Bei den Dreharbeiten war es fürchterlich kalt", erzählt sie, „aber in den Familien der russischen Kollegen habe ich viel Wärme gefunden, dass mich dieses Land nicht mehr losgelassen hat."
Susanne Bredehöft ist auch ein Familienmensch. In Oberhausen hat sie einen Afrikaner geheiratet und mit ihm viele Monate in seiner Heimat Togo verbracht. „Da habe ich

einen ganz neuen Blick bekommen für eine andere Kultur und deren Verhältnis zur Individualität und viel gelernt über den Respekt vor Intimität und die Schutzfunktionen von sozialen Strukturen." Für ihren zehnjährigen Sohn hat sie gerade einen Platz an einem Bonner Gymnasium gefunden. „Der fordert mich total und war nicht zuletzt der Grund für meine Auszeit bei festen Engagements." Als inzwischen allein erziehende, viel beschäftigte Mutter muss sie ihre Gage immer ein wenig aufbessern und unterrichtet nebenher als Dozentin für Szenenstudium an der bundesweit renommierten Schule des Kölner Theaters „Der Keller" und hat auch noch eine Menge privater Schüler. „Nein, natürlich mache ich das nicht nur wegen des Geldes, sondern weil es toll ist, mit interessanten jungen Menschen zu arbeiten und sie auf eine Profikarriere vorzubereiten." Bei so vielen Aktivitäten wird die Zeit knapp, manchmal so knapp, dass sie auf dem Weg zu einer Veranstaltung mit nassen Haaren im Auto sitzt, weil's zum Föhnen nicht mehr gereicht hat. Sie bedauert, dass sie noch nicht alle neuen Aufführungen in Bonn gesehen hat: „Es gehört sich einfach, die anderen in ihrem besonderen Ausdruck wahrzunehmen. Das Vertrauen in die eigene künstlerische Kraft wächst in der Beobachtung und im Zusammenspiel mit den anderen, obwohl man auf der Bühne immer Solist ist."
Dieses Vertrauen hat sie sich auf etlichen Umwegen erarbeitet. Musik und Literatur prägten schon ihre Kindheit. Ihr Vater war Schriftsteller und Hörspielautor und liebte die Operette. Ihr 15 Jahre älterer Bruder interessierte sich für Jazz und ist dann Pfarrer geworden. Sie hat nicht nur alles nachgesungen, was sie im Radio hörte, sondern in Kölner Kirchenchören alle großen Messen und Oratorien gesungen. Eine ihrer Chorleiterinnen war Elke Mascha Blankenburg, inzwischen eine berühmte Dirigentin und immer noch ihre beste Freundin.
„Mein erster Lebenstraum war Opernsängerin oder Zirkusartistin, aber dann habe ich mich doch fürs Schauspiel entschieden." Nach dem Abschluss der Schauspielschule in Bochum blieben die Engagements für diese eigenwillige Persönlichkeit jedoch erst mal aus. Sie hat in der freien Szene nach Aufgaben gesucht und sich mit Gelegenheitsjobs durchgeschlagen. „Die Arbeit mit Gleichaltrigen - mit denselben verrückten Ideen und konkreten Existenznöten - hat mich sehr geprägt und meine Kreativität und künstlerische Selbstständigkeit gefördert. Ganz kommt man von dieser Aufbruchsstimmung und diesem Freiheitsdrang nie mehr los." Gefördert hat den (so ungefähr Mitte der 80er Jahre) die Begegnung mit Helge Schneider, der noch längst kein Star war, als sie ihn im Kölner WWF-Club kennen lernte, wo sie als Nachwuchsmoderatorin und Sängerin auftrat. Mit ihm hat sie danach öfter zusammengearbeitet, zuletzt in seinem Film „Jazzclub - Der frühe Vogel frisst den Wurm", der Anfang April in die Kinos kam. Helge Schneider spielt einen erfolglosen Jazzmusiker, der mit allen möglichen Nebenjobs sein Geld verdient, Susanne Bredehöft die Ehefrau, die seine Musik nicht begreift. „Ich mag diesen melancholischen Film, weil er so ehrlich ist und ein Anliegen hat. Nach den Dreharbeiten ändert sich immer eine Menge, ganz anders als beim Theater, wo alles ganz direkt sichtbar ist. Aber ich mache beides sehr gern."
Riesenspaß macht ihr auch der kleine Liederabend „Absinth", den der Theatermusiker Michael Barfuß schon in Oberhausen mit ein paar Ensemblemitgliedern zusammengestellt hat. Sie ist erst in Bonn in diese vergnügliche Nebenproduktion eingestiegen. Da kann sie ihr komisches Talent zeigen bei Ludwig Mendelssohns Gassenhauer „Hermann heeßt er", im schrillen giftgrünen Fummel auf der Bar-Theke herumturnen und die weiblichen Nöte in „Wegen Emil seine unanständige Lust" mit ihrer superschlanken Figur unverschämt witzig ad absurdum führen. Als blond gelockte Barfrau serviert sie das hochprozentige Getränk, das die Franzosen am Ende des 19. Jahrhunderts „grüne Fee" nannten, dem Publikum inzwischen schon vor der Vorstellung. „Natürlich nur in kleinen Portionen, und heute sind da auch keine verbotenen Rauschstoffe mehr drin. Aber es bringt Stimmung - eigentlich ein guter Grund, ins Lampenlager zu kommen."
Totales Kontrastprogramm zu solch kleinen Frivolitäten: „Was mich brennend interessiert, ist das Stück ‚Der Schatten des lebendigen Lichts' im Euro Theater Central. Die Autorin und Regisseurin Estera Stenzel mag ich sehr und bin gespannt, wie sie die Mystikerin Hildegard von Bingen auf die Bühne gebracht hat."
Ohne verrückte Kontraste kann Susanne Bredehöft sich ein Theaterleben einfach nicht vorstellen.

Dienstag, 25.02.2014

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