Agonie und Ekstase des Steve Jobs - Theater Die Pathologie - kultur 109 - Oktober 2014

Mac und das Leben mit App

Mac und das Leben mit App

Es gab ein Leben ohne unsere ständigen Begleiter I-Phone, I-Pad und Laptop. Ohne Datenklau, politische Abhöraktionen und sogar ohne Google und Wiki. Für Bibelfeste: Es gab einen verteufelten Apfel, der einst das Paradies vergiftete. Das 20. Jahrhundert bescherte uns Apple. Und Steve biss hinein wie der Schauspieler Sunga Weineck – ganz in Apple-Weiß – nun im Theater die Pathologie. Regisseurin Maren Pfeiffer lässt ihn auf einer Insel mit glitzernder Palme im Hintergrund stran­den. Das Smart­phone-Display leuchtet dort vergeblich: kein Empfang.
Das derzeit auf etlichen deutschen Bühnen präsentierte Einpersonenstück Agonie und Ekstase des Steve Jobs ist in dieser Inszenierung nicht der Bericht eines kritischen Journalisten, sondern eine theatrale Reflexion über die Dinge, vor deren Exis­tenz wir nicht ahnten, dass wir ohne sie nicht mehr existieren. Der Amerikaner Mike Daisey schrieb seinen brillanten Monolog auf Grund eigener Recherchen noch zu Lebzeiten des Apple-Gründers Steve Jobs (1955 - 2011), tourte damit durch die USA und stellte das Werk zum Download ins weltweite Netz. Welches es so ohne die Global Players gar nicht gäbe, die damals in den 1970er Jahren in Kalifornien eigentlich nur spielen wollten. Da waren die jungen Computer-Nerds Steve Wozniak und Steve Jobs und bauten in einer Garage aus billigem Schrott Kästen, mit denen man kostenlos Ferngespräche führen konnte. Einige Jahre später erfand das Genie Jobs den Mac und die Maus, und etliche Jahre später wurde aus dem chinesischen Fischerdorf Shenzhen eine riesige Millionenstadt, beherrscht von Foxconn, wo ein großer Teil der elektronischen Spielzeuge produziert wird, die auf allen Kontinenten begehrt sind. Wegen der hohen Selbstmordrate unter den brutal ausgebeuteten Arbeitern haben sie dort zwischen den Fabrikhochhäusern mittlerweile Netze aufgespannt.
Das ist auch der Einbruch der Wirklichkeit in die Geschichte, die Weineck wie ein grotes­kes Märchen erzählt. Sehr komisch zeigt er Jobs Zwischenspiel bei Pepsi, höchst amüsant auch die Sucht nach den ständigen Weiterentwicklungen der „I“-Familie mit immer neuen Funktionen. Mit einem säkularen Biss in den Apfel der Erkenntnis kehrte die Menschheit scheinbar zurück ins Paradies. Mac und Microsoft wurden ihre Götter und die Wirklichkeit zur in Bites und Bits aufgeteilten Information.
Die Wahrheit über Jobs und Apps erfahren wir in einer sehr vergnüglichen Theaterstunde natürlich nicht. Aber dann klingelt ganz altmodisch ein Telefon, und niemand geht dran. Wenn auf einer Robinson-Insel kein Strom fließt, können wir alle WLAN-Hotspots einfach vergessen. Der Applaus bei der ausverkauften Premiere am symbolischen Datum Nine Eleven war aber bombensicher. E.E.-K.


Spieldauer ca. 1 Stunde, keine Pause
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