Einfach Marlene - Kleines Theater Bad Godesberg - kultur 110 - November 2014

Blauer Engel und fesche Lola



„Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler machen. Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe“, gestand Marlene Dietrich im fortgeschrittenen Alter.
Im Kleinen Theater Bad Godesberg beschwören gleich zwei Blondinen den Mythos der unsterblichen Diva und ihre Warnung „Nimm dich in acht vor blonden Frauen“. Das Schöne daran ist: Sie bleiben dabei immer Fabienne Hesse und Ursula Wüsthof, die Einfach Marlene spielen. Der musikalische Abend von Hagen Jablonski, wie das Stück im Untertitel heißt, bringt nicht den Star selbst auf die Bühne wie das bekannte Musical von Pam Gems, sondern Facetten einer fabelhaften Kunstfigur.
In die Klaviertasten greift dazu Hermann Friedrich, der mit pianistischem Witz allen Allüren der Damen Paroli bietet (er wirkt auch als Schauspieler mit) und ihre Stimmen charmant auf Händen trägt. Dass er nur ihr am Ende der Show die roten Rosen zu überreichen habe, schärft ihm Wüsthof enervierend ein. Im eleganten weißen Hosenanzug (Kos­tüme: Dejan Radulovic) verkörpert sie mit rauer Sprechgesangstimme die ältere Marlene, die bekanntlich selbst für die Blumen nach ihren Auftritten sorgte und kein Staubkörnchen in ihrer Umgebung ertrug. Mit ihrem Putzfimmel nervt sie die jüngere Gefährtin, die sie mal wie eine Untergebene abfertigt und mal wie eine Geliebte auf den Mund küsst: „Wenn die beste Freundin…“ – gewiss auch eine Rivalin ist, hilft nur noch eins: „Heute Abend, da such ich mir was aus…“. Dabei darf das Publikum mitsingen und später auch beim „heiteren Filmeraten“ mitmachen, was zu den hübschen kleinen Späßen der Inszenierung von Stefan Krause gehört, der auch die Bühnensituation zwischen Backstage und großem Auftritt entworfen hat. Einen kessen Auftritt hat die stimmlich und körperlich wohlproportionierte Fabienne Hesse mit Zylinder, Frack und Shorts als jüngere Marlene.
Die stürmische Liebesbeziehung mit Erich Maria Remarque wird in der Anekdoten-Collage ebenso herbeizitiert wie die Affären mit Jean Gabin und anderen Größen ihrer bewegten Vergangenheit. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf ihrem politischen und sozialen Engagement im Zweiten Weltkrieg und auf ihrer Rückkehr als amerikanische Staatsbürgerin nach Europa. In Deutschland noch um 1960 als „Vaterlandsverräterin“ angefeindet, aber als Hollywood-Filmstar und androgyne Song-Ikone mit irritierendem Sex-Appeal gefeiert.
Als running Gag fungiert ihre Freund-/Feindschaft mit Hildegard Knef, was aber angesichts der Spiellust von Fabi und Ulli (so reden sie sich an, wenn sie nicht gerade so tun, als ob sie Marlene wären) kaum ins Gewicht fällt. Dass die 1901 in Schöneberg geborene Künstlerin ihren Mythos zum Warenzeichen und nicht zum Heiligenschein machte, schrieb Heiner Müller in seinem Nachruf 1992. Ihre raffinierte Verdopplung auf der Bühne ist eine sympathische Hommage an eine unvergessliche Erscheinung. E.E.-K.
Die letzte Aufführung war leider schon am 24.10.14

Mittwoch, 10.12.2014

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