Das Verhör - Kleines Theater Bad Godesberg- kultur 111- Dezember 2014

Psycho-Folter

Es gibt bekanntlich polizeiliche Verhörmethoden, die zwar auf ein Geständnis abzielen, aber nur bedingt der Wahrheitsfindung dienen. Inspektor John Parker beherrscht diese Technik, erschwert oder vielleicht auch erleichtert dadurch, dass der als Zeuge geladene Adam Barklay sein Freund und Golf-Partner ist. Der erfolgreiche Rechtsanwalt verheddert sich leider bald in Widersprüche, die den Verdacht erhärten, dass er selbst die beiden kürzlich vergewaltigten und ermordeten kleinen Mädchen auf dem Gewissen hat.
Der Thriller Das Verhör basiert auf dem 1979 erschienenen Roman Brainwash des britischen Autors John Wainwright, der 1981 von Claude Miller unter dem Titel Garde à vue mit Lino Ventura, Michel Serrault und Romy Schneider in den Hauptrollen verfilmt wurde. Regisseur Michael Wedekind (auch verantwortlich für die kühle Polizeirevier-Ausstattung) präsentiert die Bühnen-Fassung von Eddie Cornwell im Kleinen Theater als intimes Kammerspiel. Der TV-Krimi-erfahrene Schauspieler Karlheinz Lemken (an der sprachlich auf Gegenwart getrimmten Bearbeitung des Textes und der finalen Volte nicht ganz unschuldig) spielt ohne Furcht vor Klischees den alten Kommissar, der sein Opfer scheinbar mitfühlend in die Psycho-Mangel nimmt, bevor er es in einer verdammt langen Verhör-Nacht brutal in die Enge treibt. Rudi Knauss (ebenfalls Tatort- und Soko-versiert) spielt den bislang völlig unbescholtenen Juris­ten Barklay, der im Verlauf der Befragung fast tragische Fallhöhe gewinnt. Ein selbstbewusster Best-Ager im eleganten Smoking, kühl ironisch um keine Antwort verlegen, aber zunehmend verunsichert. Denn seine auf Lebenslügen gebaute großbürgerliche Fassade bröckelt unaufhaltsam. Zumal seine attraktive junge Gattin Lilian (Anna Bergman) ihn massiv belastet.
Als knallharter Spürhund Hastings, Assistent des leitenden Kommissars, agiert dabei Hanno Dinger, der auch vor Hand­greiflichkeiten nicht zu­rück­schreckt. Bis der mutmaßliche Kinderschänder völlig zermürbt alles zugibt. Dass der Hauptverdächtige selten der wirkliche Täter ist, gehört zur Krimi-Konvention. Adam wird den Schauplatz nach dem verbalen Duell jedoch nicht unbeschädigt verlassen. Das zieht sich trotz des schauspielerisch routinierten Handwerks der beiden Protagonisten etwas mühsam durch biographische Untiefen bis zur überraschend schlichten Lösung. Ein spannender Krimi bleibt dieses „Verhör“ mit seinen sprachlichen Fallstricken und an Psycho-Folter grenzenden Tricks aber durchaus. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2 ¼ Stunden inkl. Pause
Lief am 23.11. das letzte Mal

Donnerstag, 11.12.2014

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