Fräuleinwunder - Theater Die Pathologie - kultur 120 - November 2015

Fräuleinwunder
Foto: Jürgen Klack
Fräuleinwunder
Foto: Jürgen Klack

Vergnügliche Zeitreise



Das deutsche Nachkriegs-Fräuleinwunder beeindruckte sogar die USA und Elvis Presley, der 1959 in Bad Nauheim die 14-jährige Priscilla Beaulieu kennenlernte. In die Zeit, als Mister Pumpernickel Chris Howland mit Liedern wie „Fräulein“ berühmt wurde, entführt die Revue Fräuleinwunder im Theater die Pathologie. Intendantin Maren Pfeiffer hat sich umgeschaut im Wunderland der 1950er Jahre zwischen Wirtschaftswunder und Wunder von Bern.
Anne Scherliess spielt im schwarz getupften roten Neckholder-Petticoat-Kleid das reizende Fräulein Wunder, das im Café auf einen besseren Herrn wartet und dabei aus ihrer bunten Einkaufstasche allerhand Requisiten und Geschichten zaubert. Ihr goldfarbener Schal ist mal Schönheitskönigin-Schärpe, mal Picknickdecke und zornig zusammengefaltetes Bettlaken. Rosemarie Nitribitt taucht kurz auf, von Erich Kuby einst „des deutschen Wunders liebstes Kind“ genannt. Aber auch Elisabeth Selbert, der die Bundesrepublik den Verfassungsgrundsatz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ verdankt. Eine ordentliche Dosis „Frauengold“ ist indes nötig, um der „Trümmerfrau“ wieder im trauten Heim das Familienglück anzudienen. Zur „Ehehygiene“ meldet sich die Pilotin und erfolgreiche Unternehmerin Beate Uhse, Mutter Courage der wolkenlosen erotischen Freiheit.
Heinrich Bölls Bekenntnis zur Trümmerliteratur erscheint in Pfeiffers amüsant-abgründiger Collage ebenso wie Judith Kuckarts Kaiserstraße. Womit auch ein Bogen geschlagen wird zum literarischen „Fräuleinwunder“ am Ende des 20. Jahrhunderts. Witzig ist die spielerische Illustration der Benimm-Ratgeber für alle Lebenslagen. Wer die erste Miss Germany war und als Botschafterin der deutschen Mode Karriere machte, kann man im Bonner Haus der Geschichte erkunden. Beim lustigen Quiz-Mitmachspiel lautet die Millionenfrage jedoch: Wie hoch waren die anfänglichen TV-Gebühren?
Schuld war nur der Bossa Nova, das HB-Männchen geht auf der Litfaß-Säule im Bühnen-Hintergrund in die Luft, und wir Wunderkinder kaufen uns einen bunten Luftballon. Der dient nämlich diesmal als Eintrittskarte für den unverschämt heiteren Rückblick ins Paradies der Käse-Igel und ­Mayonnaise-Fliegenpilze. Herzlicher Premierenbeifall für Soloshow-Talent Anne Scherliess und Regisseurin Maren Pfeiffer.
Spieldauer ca. 60 Minuten, keine Pause

Donnerstag, 26.11.2015

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