Verschwunden - Stück für Publikum ab 11 Jahren in der Werkstatt (Oper) - kultur 144 - März 2018

Verschwunden
Foto: Thilo Beu
Verschwunden
Foto: Thilo Beu

Hänsel und Gretel als sozialkritischer Krimi

Die Geschichte handelt von Vernachlässigung und Perspektivlosigkeit in einer Unterschichtfamilie. Sie beruht auf einem Fall, der sich ähnlich tatsächlich ereignet hat. Der britische Dramatiker Charles Way erzählt sie in seinem 2010 mit dem Deutschen Kindertheaterpreis ausgezeichneten Stück Verschwunden nach Motiven des Märchens Hänsel und Gretel.
Die sensible Inszenierung von Theo Fransz zeigt in eindrucksvollen Bildern sehr genau die brutale Familiendynamik. Die Geschwister Hans (Felix Strüven) und Grete (Lisa Fix) haben nur noch sich selbst. Hans versteckt seine Frustration meistens unter seinem schwarzen Kapuzenpullover und klettert nachts auf die stillgelegten Fördertürme. Gefühle entwickelt er nur für seine kleine Schwester, die übergewichtig und träge ihre Zeit vor dem Fernseher verbringt. Die Eltern sind mit der Erziehung völlig überfordert. Der Vater (Alexander Steindorf) hat seinen Arbeitsplatz verloren. Haltlos torkelt er herum, ständig gedemütigt von seiner neuen Frau (Maureen Havlena), die er nach dem Tod der Mutter seiner beiden Kinder geheiratet hat. Die Stiefmutter trägt Leggins mit Leopardenmuster, raucht Kette und hat sich das Leben ganz anders vorgestellt. Die Kinder sind ihr zunehmend lästig.
Bis sie auf den Gedanken kommt, zusammen mit ihrem dubiosen Cousin Gretes Entführung zu inszenieren. Und plötzlich steht die Familie des verschwundenen Kindes im Rampenlicht, die Spenden aus der mitleidigen Bevölkerung fließen. Die Stiefmutter leistet sich ungerührt teure Klamotten, während die hilflose Grete in ihrem Verließ sich ein Schatten-Ich herbeifantasiert. In einer düsteren Szene erscheint ihr die Stiefmutter als böse Hexe. Glücklicherweise hat Hans einige Spuren von Gretes Verschwinden gesammelt. Mit seiner Hilfe wird die kriminelle Aktion aufgeklärt.
Die Geschichte wird mit schnellen Licht- und Szenenwechseln temporeich und spannend präsentiert. Die Gefühlslage der vielschichtig gezeichneten Figuren wird fein illustriert durch die Musik von Markus Reyhani. Am Cello alternieren Ines Altmann und Caroline Steiner. Sie tragen genau solch ein rotes Kleid, wie das der verstorbenen Mutter, das der verzweifelte Hans im alten Kleiderschrank fand und dann mutig Grete vor dem sicheren Tod rettete.
Die anspruchsvolle Aufführung feierte ihre Premiere auf der Probebühne 1 der Oper und ist nun in der Werkstatt zu erleben. E.E.-K.

Spieldauer ca. 80 Minuten, keine Pause
Die nächsten Vorstellungen:
13. + 14.03.18 – 11 Uhr

Donnerstag, 06.12.2018

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