Wuthering Heights (in englischer Sprache) - Euro Theater Central Bonn - kultur 144 - März 2018

Wuthering Heights
Foto: Thomas Kölsch
Wuthering Heights
Foto: Thomas Kölsch

Stürmische Leidenschaft

Nein, kein pseudoromantischer „Sturm der Liebe“ im TV-Format. Der 1847 veröffentlichte einzige Roman der englischen Schriftstellerin Emily Brontë (1818 – 1848), auf Deutsch Sturmhöhe, ist ein literarisches Meisterwerk, das in keine der üblichen Epochenschubladen passt und moderne Erzählweisen vorwegnimmt. Es ist eine über zwei Generationen reichende Geschichte voller wilder Leidenschaften.
Sie wird beherrscht von dem Findelkind Heathcliff, das der alte Gutsbesitzer Earnshaw einst in den Straßen Liverpools auflas und gemeinsam mit seinen eigenen Kindern Hindley und Catherine aufzog. Wuthering Heights heißt das Anwesen der Earnshaws auf einer windgepeitschten Anhöhe der Hochmoore von Yorkshire. ­Heathcliff und seine Stiefschwester Catherine sind in tiefer Freundschaft verbunden und werden von Hindley tyrannisiert. Als dessen junge Frau Frances stirbt, verfällt er der Spielsucht und dem Alkohol. Eine Ehe mit dem geliebten Ziehbruder ist gesellschaftlich unmöglich, Catherine heiratet also Edgar Linton, dessen Familie das im fruchtbaren Tal gelegene Landgut Thrushcross Grange gehört. Heathcliff verlässt wütend Wuthering Heights, kehrt einige Jahre später als wohlhabender junger Mann zurück und beginnt ein grausam zerstörerisches Werk. Er heiratet Edgars Schwester Isabella und misshandelt sie. Catherine stirbt bei der Geburt ihrer Tochter Cathy. Nach Hindleys Tod nimmt er dessen Sohn Hareton auf, nach Isabellas Tod auch seinen chronisch kranken Sohn Linton und zwingt die junge Cathy zur Heirat mit ihm. Nach Edgars und Lintons Tod fällt der gesamte Besitz an Heathcliff. Aber dessen destruktive Energie ist verbraucht.
Am Euro Theater Central hat Jens Heuwinkel, der seine Regieausbildung in London absolvierte, die komplizierte Familiensaga auf Englisch inszeniert. Das ETC castete dafür ein fünfköpfiges Ensemble, das auch die verschiedenen Sprachebenen der Figuren perfekt beherrscht. Auf der sparsam dekorierten Bühne (Ausstattung: Martin Scherm) entwickeln sie ein psychologisch sensibel konstruiertes menschliches Panorama. Allen voran Thomas Mathy als dämonischer ­Heathcliff. Ein Geschöpf der Gosse, das seine Macht über Herzen und Vermögen brutal genießt. Aber auch ein Mann zwischen enttäuschtem Begehren und daraus folgendem Rachedurst, Verzweiflung und Wahn, der trotz allem einen unwiderstehlichen Charme ausstrahlt.
Lujza Richter brilliert als verführerische junge Catherine (und später als deren Tochter Cathy), die hinter ihren ehrlichen Gefühlen eine Menge eigennütziger Gedanken verbirgt. Sie wirkt übrigens an der Seite von Kino-Star Daniel Day-Lewis auch mit in dem mehrfach preisgekrönten und für den Oscar nominierten Film Der seidene Faden von Paul Thomas Andersen. Anna Procter, die auch für die suggestive Musik verantwortlich ist, spielt wunderbar die emotional depravierten jungen Frauen Frances und Isabella. Äußerst wandlungsfähig zeigt sich William McGeough als alter Earnshaw und später als väterlicher Edgar und Heathcliffs schwächlicher Sohn Linton. Fabelhaft bewährt sich auch Ryan Wichert, der auch bei The Importance of Being Earnest mitspielt, als bösartiger, zunehmend verlotterter Hindley und als junger Hareton. Am Ende ist Heathcliff allein mit den Gespenstern der Vergangenheit.
Aber das ETC hat mit dieser großartigen Aufführung deutlich bewiesen, wie unentbehrlich es in der internationalen Stadt Bonn ist. Solide Englischkenntnisse sind allerdings nützlich für den Genuss der schauspielerisch exzellenten Vorstellung, die bei der Premiere stürmischen Beifall erhielt. Im Publikum saß auch der ehemalige Bonner Generalintendant Klaus Weise, der mit dem Regisseur 2017 bei einem Projekt in Wittenberg zusammengearbeitet hat. E.E.-K.
Spieldauer ca. 2½ Stunden inkl. Pause
Die nächsten Vorstellungen:
18.-20.04.18

Donnerstag, 06.12.2018

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