Nackte Tatsachen - Contra-Kreis-Theater - kultur 160 - November 2019

Nackte Tatsachen
Foto: Contra-Kreis-Theater
Nackte Tatsachen
Foto: Contra-Kreis-Theater

Reizendes Bett-Quartett

Die Polizei muss trotz der Handschellen nicht eingreifen. Sadomaso-Praktiken kommen auch nicht vor, vielleicht aber ein bisschen weibliche Bosheit. Die Alternative zur Scheidung sei Mord, wissen die an TV-Krimis geschulten Damen. Aber keine Sorge: Das muntere Schauspielerquartett übersteht die komödiantischen Verwick­lungen ebenso unbeschadet wie das vergnügte Publikum.
Nackte Tatsachen heißt das neue Stück der Kanadierin Kerry Renard, die mit Ganze Kerle die Bühnen eroberte. Die deutschsprachige Erstaufführung der Faked Truth inszenierte Florian Battermann im vergangenen Sommer an seiner Braunschweiger Komödie am Altstadtmarkt. Nun ist dieses Lustspiel auch im Bonner Contra-Kreis zu erleben.
Die nackte Wahrheit ist, dass der Zahnarzt Michael und der Anwalt Oliver völlig unbekleidet im ­Gästebett der Wohnung von Emily und Oliver aufwachen. Zudem noch mit Handschellen aneinander gefesselt, was Alleingänge (beispielsweise zur Toilette) massiv erschwert. So nahe wollten sich die langjährigen Freunde eigentlich nicht kommen. Ein paar Gläser Wein am Abend rechtfertigen noch keinen totalen Filmriss. Außerdem sind alle Klamotten spurlos verschwunden. Die hilflosen Versuche der Herren, ihre Blöße zu bedecken, entlocken freilich dem Publikum (insbesondere dem weiblichen) einige Jauchzer. Oliver (TV-Star Andreas Elsholz) und Michael (Jan Knospe) sind schlicht echte Kerle. Trotz regelmäßigem gemeinsamem Tennisspiel nicht gerade die durchtrainierten Idealbodys für strippende Boygroups.
Wer jetzt vermutet, dass hinter ihrer prekären Situation eine Frau steckt, liegt auf jeden Fall richtig. Immerhin platzt Olivers Gattin Emily (Julia Klawonn) unverhofft in die keineswegs traute männliche Zweisamkeit. Die kesse Blondine stürzt sich gleich auf ihren Angetrauten, der praktischerweise schon nichts mehr am Leib hat. Dass da noch mehr rumliegt, bringt sie auf Hochtouren. Die Ausreden sind so haarsträubend (beispielsweise: Michael wollte sich Backenzähne auf die Backen seines ­Allerwertes­ten tätowieren lassen), dass jeder Jurist in schallendes Gelächter ausbrechen müsste. Emily weiß immerhin, wo die Klamotten gelandet sind, hat auch den Schlüssel für die Handschellen und offenbar keine Angst vor einem Zahnarzt (Spezialität: Implantate) im Adamskostüm.
Rund ums Bett (Bühne: Gunter Battermann und Horst Neumann) wird es noch viel bunter mit dem Erscheinen von Michaels Gattin ­Ni­cole (hübsch zickig: Iris Boss), wahrscheinlich Kundin in Emilys ­Modebou­tique, beglaubigt durch die schicken Kleider von ­Kostüm­bildnerin Daniela Eichstaedt (bei den Herren konnte man naturgemäß sparen …). Battermanns Regie strickt mit perfektem Timing die irrwitzigen Pointen so pfiffig zusammen, dass aus dem platten Boulevard-Klamauk ein echter Spaß wird. Nur der als Leitmotiv eingesetzte Ärzte-Song „Männer sind Schweine“ ist arg simpel. Frauen sind nämlich eindeutig die besseren Managerinnen erotischer Zweideutigkeit. Vorläufiges Fazit: Damenwahl mit neuen Paarungen. Ein schamlos fröhlich verspieltes Amüsement und mit Ovationen für das sympathische Ensemble zu Recht belohnt. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2 Stunden, inkl. Pause

Mittwoch, 01.01.2020

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