Sông trang - GOP.-Varieté-Theater Bonn - kultur 161 - Dezember 2019

Wenn der Mond sich im Fluss spiegelt

Es gibt sicherlich nicht allzu häufig die Gelegenheit, eine Varieté-Show zu erleben, die neben Hochleistungsakrobatik einen Eindruck einer fremden Kultur vermittelt, ohne in billige Folklore abzurutschen. Die deutsch-vietnamesische Produktion Sông trang, bis zum 5. Januar im GOP. Varieté-Theater zu sehen, schafft dies hervorragend.

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Vietnam – richtiger: Sozialistische Republik Vietnam – ist ein Land, das für uns nur schwer zu begreifen ist. Ein Land mit Jahrtausende alter Kultur, ein Land das lange Kolonialzeiten erleben musste (chinesische, später französische), ein Land, das zum Kriegsschauplatz der Großmächte wurde, ­wo­runter es heute noch leidet. Ein Land mit sozialistischem ­Einparteien­system, eingeschränkten Menschenrechten und wenig Pressefreiheit. Mit 95.000.000 Einwohnern und zwei hektischen Metropolen. Mit großem Wirtschaftswachstum. Aber auch ein Land, das seine Traditionen pflegt.
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Vietnamesische Musik, Frösche quaken, Geräusche, wie sie an Flüssen zu hören sind, sind der erste akustische Eindruck des Abends. Eine karge Bühne, Bambusrohre, -schirme und -hüte, Weidenkörbe der optische.
Flüsse haben in Vietnam eine große Bedeutung: Der Mekong und der Rote Fluss sind die Lebensadern des Landes, 41.000 km Flüsse sind befahrbar.
Das erklärt den Titel, darauf deuten viele Utensilien hin. Die 13 jungen (24 - 38 Jahre) Artist*innen haben ihr Material für den Abend aus der Heimat mitgebracht. Und auch die begleitende Musik ist vietnamesisch. Folklore, Pop – die Musik umfließt die Besucher und lässt, in Kombination mit dem großartigen Licht und den nie hektischen akrobatischen Nummern, die übergangslos ineinander übergehen, den ganzen Abend fast tänzerisch wirken.

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Auch wenn bei einigen Programmpunkten Einzelne im Vordergrund stehen, immer ist die kollektive Zusammenarbeit sichtbar. Nur der Selfie- süchtige Tourist, der immer mal wieder durch die Szenerie läuft, scheint aus einer anderen, städtischen Welt zu kommen. Er sieht nur sich und nicht (mehr) den Mond, der sich auf dem Wasser spiegelt. Auch in Vietnam.
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Diese Produktion, Regie Knut Gminder und Cie Xich-Lo nach einer Idee des künstlerischen Direktors des GOP, Werner Buss, Musikbearbeitung Christian Decker, stellt eine Besonderheit im abwechslungsreichen Programm des GOP. dar und lässt den Zuschauer und die Zuschauerin nicht unberührt und neugierig auf ein fremdes Land nach Hause gehen. ubi

Mittwoch, 08.01.2020

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