Rita Hoffmann: Opus 77 von Alexis Ragougneau

Kultur Nr . 177 - April 2023

Das Opus 77 ist ein Werk von Schostakowitsch für Pianisten – (nicht nur) „eine Sinfonie der Emotionen“.
Ariane erzählt sie, spielt sie, durchleidet sie. Sie sitzt am Flügel in der Kirche zur Beerdigung ihres Vaters, der als Dirigent so weltberühmt war wie sie als Pianistin, und in den Minuten, ehe sie die Finger auf die Tasten senkt und das Opus erklingen lässt, reflektiert sie die Geschichte ihrer genialen Familie.
Der als Violinist hochbegabte Bruder hat sich in einem Bunker in den Schweizer Bergen verkrochen, die einst als Sopranistin zu hörende Mutter dämmert in einem Sanatorium, ihrer Stimme nicht mehr mächtig, dahin, der Übervater ist tot. Ariane wird weiterleben – spielen, ihre Tournee nach China steht bevor …
Das Buch erlaubt tiefe Einblicke in den wahnsinnigen Alltag der berühmten Künstler/-innen, er zeigt die tiefe Bindung der kongenialen Geschwister, die kaputte Ehe der Eltern, die Zerstörung des eigenen Willens, der sich dem Können unterordnet – und dem Willen des Dirigenten, der nun tot im Sarg liegt.
Es ist hervorragend geschrieben, der Autor ist Schauspieler, Dramaturg, Regisseur, man liest es atemlos, aber nicht pausenlos, jedenfalls ich nicht. Die Pausen waren Arianes Erzählweise gewidmet, die nicht der Reihe nach berichtet, sondern ihren Erinnerungen nachgeht, und immer wieder dem Opus 77 von Schostakowitsch. Fast möchte man dem Buch eine CD entnehmen, die Musik hören, um den Gedanken der Protagonistin besser folgen zu können.
Beifall wird man ihr auf jeden Fall zollen – und dem Autor natürlich!

Donnerstag, 01.06.2023

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