Rita Hoffmann: Als Großmutter im Regen tanzte von Trude Teige

Kultur Nr. 180 - Oktober 2023

Thekla, die Großmutter, ist Norwegerin. Warum tanzt sie im Regen, fragt die kleine Juni, ihre Enkelin. Weil sie dann glücklich ist, sagt der Großvater.
Viel später, als Juni groß ist und Thekla tot, kommt Juni in das Haus am Meer, das sie geerbt hat. Sie ist unglücklich verheiratet, schwanger und braucht eine Auszeit. Sie entdeckt das Haus am Meer, Theklas Garten, Briefe, Fotos und Geheimnisse, eine Vergangenheit, die 70 Jahre zurückreicht. Juni klärt sie auf, entdeckt Verborgenes, schließt Frieden mit ihrer Mutter, die ihr nie gesagt hat, wer ihr Vater ist, und die auch schon gestorben ist. Sie schließt Lücken, lässt Wunden heilen, bekennt sich zu ihrem Kind und findet die Kraft, ein neues Leben zu beginnen.
Was für eine Geschichte! Sie beginnt im 2. Weltkrieg mit der Liebe zwischen zwei jungen Menschen: Er – Hans – deutscher Besatzungssoldat, Sie – Thekla – eine Norwegerin. Später als „Deutschenmädchen“ geächtet, geht sie mit Hans nach Deutschland. Der Krieg ist zu Ende, nun wird doch alles gut? Sie heiraten, bevor sie aus Norwegen ausgewiesen werden, aber nichts wird gut. Deutschland ist zerstört und die Heimat von Hans ist russische Zone. Seine Familie tot, sein Land enteignet, er wird erschossen und sie zig-mal vergewaltigt. Thekla ist allein, schwanger und will nur noch nach Hause. Wie sie das schafft, zeigt ihren Mut und ihre Stärke – und nicht minder Junis, die zwei Generationen später die Geschichte ihrer Großmutter und auch die ihrer Mutter zusammensetzt und erzählt. – Es gab über 100.000 solcher Kinder in Norwegen, das hat mich so berührt, ich wusste es nicht, aber es hat bestimmt in allen Ländern während des Kriegs und danach solche Schicksale gegeben. Abseits von den Schlachtfeldern gab es Tod und Elend, Verzweiflung und Mut, und manchmal und selten ein bisschen Hoffnung und Glück. Und all das hat Trude Teige in ihrem bewegenden, lesenswerten Buch eingefangen.

Freitag, 01.12.2023

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