Gruppenleiterin von Much Ingrid Hohmann - Kultur Nr. 179 - Sommer 2023

Wenn die Gruppe Much kommt, dann mischen wir den Laden auf.

Am 1.06.23 besuchten wir Ingrid Hohmann in Frechen, wo sie seit einigen Jahren lebt.
kultur:?Laut unserer „historischen” Gruppenleiterkartei gibt es die Gruppe Much schon seit der Gründung der Theatergemeinde BONN im Jahr 1951. Der allererste Vorsitzende, Paul Pick, stammte aus Much-Birrenbachshöhe. Er hat dort die erste Besuchergruppe gegründet und die Gruppenleitung in den 1950er-Jahren an Herrn Knipp (verstorben im Jahr 2011) übergeben. Sie betreuen somit einen der „Kerne“ der Theatergemeinde. Wie sind Sie in die Gruppe gekommen? Haben Sie Herrn Knipp noch kennengelernt?
Ingrid Hohmann: Ich bin ungefähr im Jahr 2011 als Mitglied in die Gruppe gekommen. Damals wurde die Gruppe von Frau Tampier geleitet, die aber nach ein, zwei Jahren gefragt hat, wer neuer Gruppenleiter werden könnte. Da sich ansonsten niemand bereit erklärt hat, habe ich gesagt „Dann mach ich das halt … “
Sie stammen nicht aus Much. Wie kam es, dass Sie damals nach Much gezogen sind?
Ich bin in Dormagen geboren, dort hat mein Vater gearbeitet. Er ist dann nach Bonn versetzt worden und seit meinem vierten Lebensjahr war ich in Bonn. Die Entscheidung für Much fiel, als mein Ehemann als Prokurist nach Siegen berufen wurde. Ich habe damals schon in Köln gearbeitet und Much liegt auf dem halben Weg zwischen Siegen und Köln.
Was ist charakteristisch für Much und seine Einwohner? Was bieten Much und Umgebung an Kultur?
Es haben viele Berühmtheiten in der Nähe gewohnt, z. B. Henry Maske, Guildo Horn oder Markus Maria Profitlich. Much hat einen Bundesliga-Golfplatz. Es gibt viel Sport, eine Freiwillige Feuerwehr, Kirmes und Erntedankfeste mit Erntepaar. Für 15.000 Einwohner ist Much ein sehr umtriebiges Städtchen, man tut viel für die Menschen, viel Jugendarbeit.
Wie setzt sich Ihre Gruppe zusammen?
Es sind drei Herren dabei (darunter mein Lebensgefährte), ansonsten Damen. Ich bin die Jüngste. Ab und zu kommen auch mal ein paar junge Leute als Gäste mit, meistens Töchter oder Enkelinnen von Mitgliedern. Es gab im Laufe der Jahre einen Wandel innerhalb der Gruppe. Von denen, die ich damals übernommen habe, ist ein großer Teil aus Altersgründen nicht mehr dabei.
Wie machen Sie auf die Theatergruppe aufmerksam?
Ich mache Aushänge im Ort und Ankündigungen in unserem örtlichen Mitteilungsblättchen. Früher habe ich die Termine mit der Theatergemeinde monatlich ausgemacht und sie wurden über die Zeitung bekanntgegeben. Inzwischen legen wir die Termine längerfristig fest und die Kommunikation innerhalb der Gruppe läuft auch über E-Mail und Whatsapp. Einige Leute freuen sich regelrecht, wenn da etwas aufploppt auf dem Handy und antworten meist auch nach relativ kurzer Zeit.
Fahren alle Ihrer Mitglieder mit dem Bus ins Theater?
Ja. Grundsätzlich fahren alle im Bus mit, sie sind froh darüber und finden das auch schön. Der Bus hält direkt vor dem Theater und man muss sich um nichts kümmern. Neulich sagte eine Dame, die zum ersten Mal mitfuhr: „Ach, das ist ja bei Ihnen wie auf einer Klassenfahrt.“ Wir haben immer viel Spaß. Und das Schöne ist: Als ich die Gruppe übernommen habe, waren die Mitglieder noch eher „Einzelwesen“. Was mir am Herzen lag, war, dass das Gruppengefühl gestärkt wird, was ja auch einen Teil des Vereinslebens ausmacht, und das hat sich sehr gut entwickelt.
Sie leben inzwischen fast 60 km von Much entfernt. Wie läuft ein Theaterabend für Sie ab?
Mit einer Stunde Fahrt mit dem Auto bis Much muss ich rechnen. Ich höre vorher Verkehrsfunk und fahre ggfs. Umwege. Meistens bin ich um halb sechs in Much. Dann gehe ich noch zum Schreibwarenladen Klement, bei dem ich für die Mitglieder immer die Karten hinterlege und hole das Geld und eventuell restliche Karten ab.
Wieviele Stationen hat Ihr Bus?
Vier. Die erste Haltestelle ist in Marienfeld. Von dort fahren wir runter nach Much, haben in Much zwei Haltestellen, und dann noch Krahmer Weg, das ist Richtung Seelscheid, zählt aber noch zu Much.
Wer bestimmt den Spielplan Ihrer Gruppe? Machen Sie Abstimmungen anhand von Wunschzetteln?
Ich lasse die Mitglieder die Wunschzettel ausfüllen, werte sie aus und lege dann die Termine fest. Ich weiß inzwischen, was die Leute lieben, aber ich probiere auch mal was Neues aus. Das Abo umfasst meist vier oder fünf Opern, ein Musical und fünf oder sechs Schauspiele. Wir besuchen zehn Veranstaltungen pro Spielzeit.
Welches ist Ihr Lieblingstheater?
Das Kleine Theater Bad Godesberg. Ich liebe dieses Klassische wie in Griechenland, dass man im Kreis um die Bühne sitzt;?und die Nähe dort, dass man auch als Zuschauer mit einbezogen werden kann in das Theaterstück.
Was war Ihr schönstes und was Ihr schlimmstes Erlebnis als Gruppenleiterin?
Einmal war es so, dass der Bus es kaum pünktlich zur Opernaufführung schaffen konnte. Mein Partner fährt immer von Frechen direkt nach Bonn. Ich habe ihn vom Bus aus angerufen: Er möchte bitte allen Bescheid sagen, man möge doch bitte auf die Gruppe aus Much warten … Tatsächlich sind wir mit Glockenschlag halb acht angekommen. Wir haben bis jetzt jede Fahrt geschafft, auch wenn Hindernisse dabei waren oder Stau oder sonst was.
Der Bus kommt zur ersten Haltestelle immer zehn Minuten vor Termin. Als der Bus mal nicht kann, habe ich ihn beziehungsweise die Firma angerufen: Die hatten uns tatsächlich vergessen, aber der Fahrer hat sich dann schleunigst auf den Weg gemacht. Ich bin in mein Auto gesprungen, die Bushaltestellen abgefahren und habe den Leuten gesagt, der Bus kommt, keine Bange. Wir haben es auch an diesem Tag noch rechzeitig zur Vorstellung geschafft.
Es gab schon viele schöne Aufführungen, die kann man gar nicht alle aufzählen. Eigentlich war ich fast nie enttäuscht. Ich finde das Bonner Theater sehr experimentell. Ich finde das gut. Am schönsten finde ich Opern, wenn der komplette Chor auf der Bühne steht. Meine Mutter war im Bonner Opernchor, deshalb bin ich auch mit dem Bonner Theater so verbunden. Sie hat mich immer zu den Generalproben mitgenommen. Ich durfte hinter der Bühne herumwuseln, habe die Solisten etc. kennenlernen dürfen. Meine Mutter hat zu Hause geübt. Das alles hat mich schon für das Theater ­begeis­­tert. Das hat mich immer berührt und das verbinde ich mit meiner Mutter.
Wieviel Arbeit macht die ehrenamtliche Tätigkeit als Gruppenleiterin?
Außer den Fahrten ins Theater organisiere ich einmal im Monat in einem Café ein freies Treffen, an jedem ersten Samstag im Monat. Wer kommt, der kommt. Und wir machen immer ein Saisonabschlussessen in Much, und ein Weihnachtsessen. Es haben sich Freundschaften unter den Mitgliedern gebildet.
Wie war die Coronazeit für Ihre Gruppe?
Wir sind immerhin mit Maske im Café eingekehrt. Am Tisch durfte man sie ja abnehmen. Es war schon eine schwere Zeit und ja, es gab zunächst einen Mitgliederschwund, weil alle Angst hatten. Aber jetzt haben alle den Wunsch, wieder ins Theater zu gehen, ein Nachholbedürfnis. Im Moment habe ich 34 Mitglieder und es sind neue hinzugekommen.
Was ist das größte Problem bei der Tätigkeit?
Grundsätzlich habe ich keinen Ärger. Es klappt alles gut. Ab und zu passieren schon mal Missverständnisse oder Fehler, so dass ich z. B. eine Karte zuviel bestellt habe. Dann muss ich die Karte bezahlen. Wer bestellt, bezahlt, das ist halt so. Ich trage die Verantwortung.
Was motiviert Sie zu der Aufgabe?
Also es macht schon Spaß mit der Gruppe! Dieses Gemeinschaftserlebnis, die verbindende Atmosphäre, das ist schön. Da gibt es einige, die sind mir richtig ans Herz gewachsen – wie eine Oma oder eine Freundin. Die Mitglieder mögen mich. Eine Dame ist seit 50 Jahren in der Gruppe und hat gesagt, sie habe jetzt einige Gruppenleiter kennengelernt, aber ich sei die Beste seit 50 Jahren.
An dem Theaterabo finde ich auch die Regelmäßigkeit schön. Mir sind diese Termine heilig. Außer als ich einmal im Krankenhaus lag, war ich bei jedem dabei.
Und im Theater ist es immer so: Wenn die Gruppe Much kommt, dann mischen wir den Laden auf. Ich bin beim Applaus die erste, die steht, und meine Gruppe steht dann auch auf. Man muss respektieren und honorieren, was da geleistet worden ist. Man kann sich nicht nur berieseln lassen, man muss auch was zurückgeben. Das finde ich so wichtig.
Welche Frage möchten Sie noch gestellt bekommen? Was ist Ihnen ein Anliegen?
Auch wenn Sie nicht danach gefragt haben: Ich mach’s auf jeden Fall weiter! So lange ich dazu gesundheitlich in der Lage bin.
Sie haben Interesse, Mitglied der Gruppe Much zu werden?
Kontakt Frau Hohmann:?Tel. 01 57 / 82 69 11 05.

Freitag, 01.09.2023

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