Gruppenleiterin von Leubsdorf Käthe Birrenbach - Kultur Nr. 180 - Oktober 2023

„Ich bin motiviert, weil ich selber so gerne ins Theater fahre: Live ist live!”

Am 12.09.2023 stand uns ­Käthe Birrenbach, eine unserer dienstältesten Gruppenleiterinnen, zu einem Interview zur Verfügung. Ihr am Rhein gelegener Heimatort Leubsdorf hat ca. 1600 Einwohner und gehört zur Verbandsgemeinde Linz.
kultur: Liebe Frau Birrenbach, seit wann gibt es die Besuchergruppe Leubsdorf und wer hat sie gegründet? Wie sind Sie in die Gruppe gekommen?
Die Gruppe ist Ende der 1950er-Jahre von dem örtlichen Schulleiter Herrn Keßler gegründet worden. Einige meiner Freundinnen gingen in diese Schule, waren Mitglied der Gruppe und haben mich überzeugt, mit ins Theater zu fahren. Mein erster Theaterbesuch war im Jahr 1962.
Wie kam es, dass Sie Gruppenleiterin wurden?
Herr Keßler hat die Theaterkarten jahrelang selbst zu den Mitgliedern im Ort gebracht. Später haben meine Kinder das übernommen und die Karten ausgetragen. 1975 hat mich Herr Keßler gefragt, ob ich die Gruppenleitung übernehmen wollte. Ich war nicht sehr belesen und bin quasi ins kalte Wasser geworfen worden.
Im Laufe der Jahre gab es immer wieder Zusammenschlüsse mit benachbarten Gruppen, z. B. habe ich vor Jahren die Linzer Gruppe von Frau Rosenmüller und die Ohlenberger Gruppe von Frau Stümper übernommen. In der Spitzenzeit hatte meine Gruppe knapp 40 Mitglieder.
Wie setzt sich die Gruppe heute zusammen?
Inzwischen fahren wir gemeinsam mit der von Frau Herrig geleiteten Gruppe für Hammerstein, Rheinbrohl und Bad Hönningen. Seit dem letzten Jahr leite ich die Gruppe gemeinsam mit Frau Dick-Hausen. Die von ihr gewonnenen Mitglieder stammen aus Linz, Ockenfels und Dattenberg. Früher war die Gruppe altersmäßig gemischt; heute sind es eher ältere Leute und mehr Frauen.
Was ist charakteristisch für Leubsdorf und seine Einwohner?
Die Leubsdorfer sind wie eine große Familie. Man kennt einander und kümmert sich umeinander. Ich bin gebürtige Leubsdorferin; mein im letzten Jahr verstorbener Mann – wir waren 70 Jahre lang verheiratet – stammte auch von hier. Inzwischen gibt es viele neu Hinzugezogene, auch Ausländer. Die Integration funktioniert gut.
Was bieten Leubsdorf und Umgebung an Kultur?
Hier im Ort gibt es dank der Vereine sehr viele Veranstaltungen, z. B. Dorffeste und Kirmes. Es gibt die Musikkappelle, den Männerchor, den Kirchenchor, die Schützen, den Junggesellenverein. Ich war immer im Kirchenchor – viele Familienmitglieder ebenso; wir sind eine musikalische Familie.
Der Karneval spielt hier im Ort eine große Rolle mit einem eigenen Karnevelszug und einer Möhnensitzung. Heute gibt es bei den Karnevalsveranstaltungen mehr Tanz und weniger Büttenreden. Mein Mann und ich haben Büttenreden geschrieben und gehalten. Bis heute bin ich im Möhnenverein. Dort war ich 1955 das erste Tanzmariechen.
Als vor Jahrzehnten das Angebot der Theatergemeinde kam, mit dem Bus ins Theater zu fahren, war das großartig, denn zwischen Koblenz und Bonn gab es keine Theaterangebote. Heute ist es noch ähnlich und mit der Theaterkarte als Fahrausweis kommt man mit dem Zug zwar nach Bonn, aber abends nicht mehr zurück.
Wie machen Sie auf die Theatergruppe aufmerksam?
Hauptsächlich mit Flyern und „Mund-zu-Mund-Propaganda“.
Fahren alle Ihrer Mitglieder mit dem Bus ins Theater?
Fast alle – aus Linz fahren einige mit dem Auto.
Wieviele Stationen hat Ihr Bus?
Vier: Rheinbrohl, Hönningen, Leusbdorf und Linz.
Wer bestimmt den Spielplan Ihrer Gruppe?
Seit der Spielzeit 2021/2022 ist es so, dass Frau Herrig, Frau Dick-Hausen und ich uns treffen und ihn gemeinsam aufstellen. Das hat sich wunderbar eingespielt. Wir arbeiten zwar nicht mit Wunschzetteln, aber es muss für jedes Gruppenmitglied etwas dabei sein. Nicht jedes Stück gefällt jedem. Ich habe im Bus auch mal gesagt, dass Toleranz sein muss, das akzeptieren die Leute auch.
Welches ist Ihr Lieblingstheater?
Ich habe eine Vorliebe für die Oper, ich mag Ballett, ansonsten auch Schauspiele. Das Kleine Theater Bad Godesberg mag ich sehr; ich war ein großer Fan von Walter Ullrich und seinen Inszenierungen.
Wieviel Arbeit macht die ehrenamtliche Tätigkeit als Gruppenleiterin?
Früher habe ich die Karten mit dem Auto ausgefahren. Jetzt machen Frau Dick-Hausen und ich es so, dass wir die Karten unserer Gruppe in einem Buchladen hinterlegen, wo die Mitglieder sie abholen und bezahlen. Mein Mann hat früher die Computerarbeiten gemacht. Ich selbst bin „vom alten Schlag“ und nutze keinen Computer. Frau Dick-Hausen hat viel von der Verwaltungsarbeit übernommen.
Was ist das größte Problem bei der Tätigkeit als Gruppenleiterin?
Dass man nicht mehr so viele Leute mit dem Theaterangebot begeistern kann. Die jungen Leute wollen meist nicht. Die Alten scheiden aus der Gruppe aus, weil sie z. B. schlecht hören.
Was motiviert Sie zu der Aufgabe?
Die Mitglieder sind so herzlich! Zum Teil kennen wir einander seit vielen Jahren. Außerdem bin ich motiviert, weil ich selber so gerne ins Theater fahre: „Live ist live“! Und ich möchte die nachfolgenden Generationen gern ans Theater heranführen. Ich habe drei Kinder, vier Enkelsöhne und zwei Urenkeltöchterchen. Auch die Jüngsten waren schon mit im Weih­nachtsballett. Ich sehe das Leben als ein Geschenk – und wenn man dankbar ist, meistert man auch vieles anders.
Sie sind schon viele Jahre Gruppenleiterin. Was denken Sie – wie hat sich die Theaterwelt in Bonn und Umgebung in dieser Zeit verändert?
Zu Hauptstadt-Zeiten waren in Bonn ganz besonders hochrangige Sänger und Sängerinnen zu Gast. Unter der Intendanz von Jean-Claude Riber [1981-1992] kamen z. B. Sänger von der Mailänder Scala. Und wir haben mal erlebt, dass vor Beginn einer Vorstellung alle klatschten und zum Rang heraufschauten: Da saß Bundespräsident Weizsäcker in der ersten Reihe. Das waren schon besondere Erlebnisse!
Bonn war immer ein Experimentierfeld und Sprungbrett für junge Regisseure und für junge Darsteller. Ich finde moderne Inszenierungen nicht immer gut, „Arturo Ui“ hat mir in der letzten Spielzeit z. B. nicht gefallen. Die klassischen Inszenierungen von Walter Ullrich im Kleinen Theater haben mir besonders gut gefallen.
Was das Publikum betrifft: Früher hat man sich für die Oper fein gemacht, mit langem Rock und so. Das wurde immer weniger, die jungen Leute gingen mit zerrissenen Hosen etc. ins Theater. Ich habe den Eindruck, dass sich das inzwischen wieder geändert hat. Heute ist das Publikum wieder „besser“ angezogen.
Welche Frage möchten Sie noch gestellt bekommen? Was ist Ihnen ein Anliegen?
Mir ist es ein Anliegen, zu sagen, dass ich mit der Arbeit der Theatergemeinde eigentlich immer sehr zufrieden war und bin!
Sie haben Interesse, Mitglied der Gruppe Leubsdorf/Linz/Bad Hönningen zu werden? Kontakt Frau Birrenbach:?Tel. 0 26 44 / 28 05.
Die nächsten Vorstellungsbesuche:?Männer und andere Irrtümer (19.10.23, Kleines Theater Bad Godesberg) / Woyzeck (16.11.23, Schauspielhaus) /?Alle Jahre Lieder (21.12.23, Malentes Theater Palast) /?Weiße Turnschuhe (26.01.24, Contra-Kreis-Theater) / Frankenstein junior (29.02.24, Opernhaus) / Eugen Onegin (22.03.24, Opernhaus). J.S.

Mittwoch, 01.11.2023

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